Ich möchte mit einem Zitat aus dem Grundgesetz beginnen:
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 3
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Deutschland ist ein modernes Industrieland. Und wir haben zudem die Möglichkeit uns frei zu äußern und somit auch Kritik an der Regierung und der Politik zu üben und das ohne, dass uns ein Nachteil daraus erwächst. Das garantiert uns das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in Artikel 5.
In den 1970er Jahren wurden die Werkstätten für behinderte Menschen und ein entsprechendes Schwerbehindertengesetz1 (SGB IX) in der BRD eingeführt. 1980 folgte die Werkstättenverordnung2 (WVO).
Ich habe jetzt weder das SGB IV noch die WVO durchgelesen, aber ich werde hier mal meine sogenannten 2 Cent aufgrund von eigenem erleben beisteuern.
Das Portal Pflegemarkt.com liefert folgende Informationen3:
- In der BRD gibt es mehr als 3000 Standorte mit Werkstätten für Behinderte Menschen.
- Dort sind ca. 270.000 Menschen mit Behinderungen unterschiedlichster Art beschäftigt.
- Diese Werkstätten gelten als Wertschöpfend
Und jetzt kommen wir zu den Punkten, die mich persönlich mehr als verärgern.
Diese Werkstätten sind aufgrund der zuvor benannten Gesetze und Verordnungen nicht an das Mindestlohngesetz4 gebunden, da sie nicht als Arbeitsplätze sondern als Rehabilitation angesehen werden. Die Menschen die in den Werkstätten tätig sind werden als „Beschäftigte“, nicht aber als „Arbeitnehmer“ im eigentlichen Sinne klassifiziert. Dass sie aber durchaus Vollzeit arbeiten und ihren Teil zur Wirtschaft beitragen wird völlig außer acht gelassen. Und wer jetzt damit argumentieren möchte, dass diese Menschen nicht mit einem gesunden Arbeitnehmer zu vergleichen sind, unterliegt auch der irrigen Annahme, dass man in solchen Werkstätten nur irgendwelche Kerzen zieht, Vogelhäuschen baut oder Bürsten bindet.
Nein, es wird Wäsche für soziale Einrichtungen gereinigt, es werden Produkte für den Einzelhandel komissioniert und verpackt, Kabel werden konfektioniert usw.
Die Auftraggeber sparen durch diese Ausbeutung im Zuge der Lohnarbeit eine Menge Geld ein, während die Menschen mit Behinderung trotz einer Vollzeitstelle nur einen kleinen Lohn erhalten, der in meinen Augen nur dazu dienlich ist, dass die Werkstätten nicht in den Konflikt kommen, sie würden die Mitarbeiter komplett kostenlos arbeiten lassen.
Allein von diesem Lohn kann aber kein Mensch leben und so müssen diese Mitarbeiter zwangsläufig den Weg in die Grundsicherung wählen, damit sie einigermaßen finanziell versorgt sind.
Wie heißt es gleich noch im Grundgesetz?
»Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden».
Für mich werden hier rd. 270.000 Menschen mit Behinderung, sogar durch das Sozialgestz und die Werkstattverordnung benachteiligt und ausgenutzt.
Und wer jetzt meint mit der Bemerkung um die Ecke zu springen, dass diese Menschen ja nicht so Leistungsfähig wie gesunde Menschen sind:
Der gesunde Arbeitnehmer arbeitet nach seinen besten Möglichkeiten. Sorry, aber ganz genau das Tun eben auch die Menschen mit Behinderung, nur dass sie eben keinen Mindestlohn sondern eine Entschädigung erhalten die nicht einmal dafür reicht um grundlegende Bedürfnisse wie Miete, Strom und Ernährung zu sichern. Dies wird erst durch die Abhängigkeit vom Sozialsystem ermöglicht.
Ach ja; Betriebsräte oder Gewerkschaft findet man in diesem Segment der Wertschöpfung ebenfalls nicht. Und in der Politik gibt es nur eine extrem geringe Lobby für Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in einer Werkstatt für behinderte Menschen arb… nein, ausgebeutet werden.